Zu Besuch bei … Carola Waligora

Carola Waligora, TiB, Vera-Ciszak-Preisträgerin 2024

Carola Waligora ist Vera Ciszak-Preisträgerin, Übungsleiterin beim Verein Turngemeinde in Berlin 1848, medizinische Fachangestellte

Vor fast fünf Jahren haben wir von der BewegtBerlin-Redaktion Carola Waligora in ihrem Verein in Neukölln schon einmal besucht – damals ging es thematisch um das Ehrenamt. In diesem Jahr wurde sie mit dem Vera Ciszak-Preis geehrt. Anlass für uns, die überaus engagierte Frau im Dezember 2024 erneut am Columbiadamm zu besuchen.

Unser Gespräch findet in der ersten Etage des großen TiB-Sportzentrums statt, wo zwei Sporträume von Tochter Annika gerade für die folgenden Turnstunden vorbereitet werden. In 60 Minuten müssen Matten ausgerollt, Kleingeräte bereitgestellt, die AirTrack-Bahn und das Hochseil aufgebaut werden. Turnkästen, Turnbänke, Balancierkugeln, Tücher, Jonglierbälle, Pois, Springseile, Markierhütchen finden ihren Platz.
„Gleich turnen hier fast 60 Kinder – mit Zirkus und Akrobatik. Fünf Kurse finden hintereinander statt. Wie jeden Donnerstag“, sagt Carola. Und man merkt ihr die Freude auf das Kommende an: „Die Kinder sind immer so begeistert und fröhlich, sie lernen hier so viel!“ Insgesamt 12 Gruppen in der Woche betreut sie zusammen mit ihrer Tochter, es kommen Kinder und Jugendliche im Alter von eineinhalb bis 17 Jahren.

Vergnügtes Kinderturnen und ganz viel mehr

„Der Kindersport hier im Verein liegt mir sehr am Herzen. Mir ist wichtig, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, dass die Kinder einen tollen Nachmittag verbringen können“, sagt die fürsorgliche Übungsleiterin. „Hier ist für sie ein sicherer Ort, wo sie auch mal die Schule oder den Druck der Eltern vergessen können. Sie können sich eine Stunde mal so richtig vergnügen.“
Carola betreut nicht nur seit vielen Jahren Kinder- und Jugendkurse in der TiB, sie verbringt auch viel Freizeit mit den Kindern außerhalb der Turnstunden. Sie organisiert Feriencamps und Workshops, Vereinsfahrten, Trainingslager, Kindershows bzw. Auftritte und die Teilnahme an großen Sport-Events. Jedes Mal sind es unvergessliche Erlebnisse für alle Teilnehmenden.
So wie im Juli die große Turnshow „Reise um die Welt“ mit 19 Choreografien in der Gretel-Bergmann-Sporthalle. „Mit 300 Kindern und 600 zuschauenden Eltern war das einfach ergreifend und unser Jahreshöhepunkt“, sagt Carola. „Neben dem Turnen machen wir mit unseren Kindern noch so viel mehr. Alle zwei/drei Monate gibt es ein Highlight. Wir waren gerade mit 60 Kindern in der neuen Kinder-Show im Friedrichstadtpalast oder haben jetzt vor Weihnachten gemeinsam gebastelt. Oder wir waren für einen Auftritt bei der Ehrenamts-Gala beim Regierenden Bürgermeister. Das war aufregend und die Kinder erzählen noch lange davon.“

Es fehlt an nichts – Ehrenamt als Lebensinhalt

Für so viel Engagement gab es nun also den Vera Ciszak-Preis, den ehrenamtlich außerordentlich engagierte Frauen für ihre Arbeit im Verein und im Verband erhalten. „Ich war sehr berührt. Solch eine Wertschätzung zu erhalten, ist etwas ganz Besonderes. 40 Jahre Arbeit haben sich gelohnt, ich fühle mich bestärkt in allem, was ich tue“, sagt Carola. „Aber jede der 10 Nominierten hätte den Preis verdient, ich hätte ihn allen gegönnt. Ich sehe es eher so, dass ich ihn stellvertretend erhalten habe.
Carola, die einst selbst Turnerin war, hat bereits mit 15 Jahren eine eigene Turngruppe bei der Berliner Turnerschaft geleitet. Mit 16 Jahren begann sie bei der TiB mit Gerätturnen für Kinder im Vorschulalter. Dann gab es über die Jahre viel „learning by doing“, Fortbildungen, Erfahrungsaustausche – heute ist sie Profi für die TiB-Kurse für Kinder und Jugendliche.
Ihren Beruf als medizinische Fachangestellt in einer Kinderarztpraxis in Lichtenrade fährt sie immer mehr zurück, um sich noch mehr dem Ehrenamt zu widmen. „Das ist mein Lebensinhalt. Das habe ich schon immer so gemacht und es gibt nichts, was mir fehlt,“ sagt Carola. „Ich bereite sehr gern die Stunden vor, überlege mir Spiele und schöne Herausforderungen für die Kinder. Ich organisiere gern und plane natürlich immer neue Projekte.“ Ein großes Glück, dass die Familie zu 100 Prozent hinter all dem steht.

Mittendrin und voll engagiert fürs Turnfest 

Zu den nächsten großen Projekten 2025 gehört für Carola das Turnfest in Leipzig. „Fünfmal schon habe ich beim Turnfest im Arbeitskreis für die Turnfest-Stadiongala im Team in allen Bereichen aktiv mitgearbeitet. 2005 beim großen Kinderbild mit 1.000 Kindern als Choreografin und 2009 als Betreuerin von 500 Kindern“, erinnert sie sich. 2013 half sie im Bereich Logistik und bei der Teilnehmerbetreuung mit, 2017 war sie stellvertretende Arbeitskreis-Leiterin und vorrangig für die Betreuung der Teilnehmer verantwortlich. 2021 war sie als Arbeitskreis-Leiterin eingesetzt – dieses Turnfest fand dann wegen der Corona-Pandemie nicht statt.
„Nun leite ich den Arbeitskreis Stadiongala mit Agnes Hartmann bzw. bin ein Zwischenglied zwischen Projektleitung und hauptamtlichen Mitarbeitern sowie den anderen Arbeitskreismitgliedern“, erklärt Carola, die auch diese Aufgabe voll ehrenamtlich bewältigt! „Mein Blick richtet sich auf alle Ehrenamtlichen, auf Helfer, Materialien, Medien, Choreografen – einfach auf das Gesamte beratend zur Seite stehen. Ich bin aktuell jeden Tag mit der Gesamtkonzeption beschäftigt, muss mich um alle Einzelbereiche kümmern. Zum Beispiel, dass wir genug Helfer haben, dass alle Gruppen die Choreografien zum Üben bekommen.“
Die Stadiongala am 31. Mai unter der Regie von Carsten Seibt wird von vier DTB-Großgruppen umgesetzt und beinhaltet das „Kinder-Bild“ mit ca. 350 Kindern, das „Fitness-Bild“ mit 500 Aktiven, das „Akrobatik-Bild“ mit 1.000 Turnern sowie das „Dance-Bild“ mit 900 Jugendlichen.
Beim „Dance-Bild“ mit einer Hip Hop-Choreografie wirken 20 Jugendliche von der TiB mit. Hierfür sind zum Beispiel die Anmeldungen, die Elternbriefe, die Bahnfahrt und die Unterkünfte in Leipzig zu organisieren. Damit mit der Choreografie alles gut klappt, wird jetzt schon jede Woche eine halbe Stunde dafür trainiert.

Mit der Welt-Gymnaestrada fing alles an

Ausschlaggebend für all das ehrenamtliche Engagement von Carola war ihre Teilnahme an der Welt-Gymnaestrada 1975 in Berlin. Hier hat sie im Olympiastadion bei der Großgruppe mit den Bällen mitgeturnt. Daran kann sie sich noch genau erinnern und sie beschloss: Wenn es wieder so etwas gibt – will sie hier unbedingt immer wieder mitmachen! 1987 folgte die Teilnahme am Deutschen Turnfest mit einer eigenen Gruppe.
Letztes Jahr war sie mit 25 Jugendlichen bei der Welt-Gymnaestrada in Amsterdam. Was sie fasziniert: „Die Begegnungen sind wichtig. Sport verbindet. Egal, von welcher Nation man ist. Ich will damit auch den Kindern und Jugendlichen nahebringen, andere wertzuschätzen und ernst zu nehmen. All diese Events sind absolute Bereicherungen für das Leben.“
Noch etwas Wunderbares: In den Kursen von Carola sind Kinder und Jugendliche, die sie als Vorbild sehen und später auch diesen „Job“ machen wollen. Sie freut sich über jeden, der sich hier ausprobieren will, dankt von Herzen, wertschätzt und macht ihnen Mut für den weiteren Weg.
Inzwischen sind die beiden Turnräume fertig mit allen Sportgeräten ausgestattet, die Kurs-Inhalte und die Spiele stehen fest – die Kinder können kommen!



Weitere Quellenangaben / Informationen zum Artikel:
Text: Gritt Ockert in BewegtBerlin 6-2024, Fotos: Juri Reetz, TiB