Vereinsvorsitzender Claudio Gärtner zum Thema Freizeitsport

Claudio Gärtner, 1. Vorsitzender des Vereins Sport und Freizeit in Wilmersdorf e.V.

Claudio Gärtner (57), 1. Vorsitzender vom Verein Sport und Freizeit in Wilmersdorf e.V., Sportlehrer, Journalist

Claudio Gärtner äußert sich in BewegtBerlin, Ausgabe 1-2025.  

Bei uns im Verein ist alles bis auf den Gesundheitssport Freizeitsport. Wir definieren Freizeitsport als Bewegungsimpulse ohne Wettkampf- und Leistungssportcharakter. Das fängt beim Kleinkinder- und Kinderturnen an, wo Kinder grundmotorisch gefördert werden, ohne den Hintergedanken zu haben, mal ein Turnkader zu werden. Also einfach gesellschaftlich mit Spaß bewegt werden.

Freizeitsport ist für mich persönlich, wenn ich unabhängig von Sportvereinen selber mein Surfbrett oder meine Skier nehme und mich bewege. Oder wenn ich meine Crossminton-Schläger nehme und im Tiergarten oder in der Hasenheide ein paar Bälle spiele. Oder wie früher in der Jugend einfach im Park ein Volleyballnetz aufspannen und ein Spiel machen.

Unser Verein wurde 1992 als gesundheitsorientierter Familiensportverein in Berlin-Wilmersdorf von Sportlehrern gegründet, die aus einem alten traditionellen Turnsportverein herausgegangen sind und damit ein Zeichen setzen wollten. Wir wollten uns nicht mehr nur stur und stramm an Turnvater Jahn orientieren, sondern dass der Spaß an der Bewegung und Freude an der gemeinsamen Freizeitgestaltung im Mittelpunkt stehen. Und das sollte sich auch in unserem Vereinsnamen ausdrücken. Wir arbeiten stark mit der Wortmarke „Die Fitmacher“ – so kennt man uns in Wilmersdorf.

Im Moment haben wir über 400 Mitglieder im Alter von 3 bis 80 Jahren. Wir bieten im Verein Schwimmen, Crossminton, Volleyball, Gesundheitssport und ganz viel Sport für Kinder und Jugendliche an. Unser Kleinkinderturnen heißt zum Beispiel „Trampeln, Toben, Schreien“ mit ganz viel spielerischem Freizeitcharakter und kindgerechter Betreuung. Die nächste Stufe für Kinder heißt dann „Fliegen, Schweben, Rollen“. Für die Jugend bzw. Kinder ab 10 Jahren bieten wir „Funsport für Halbstarke“ mit Gruppenspielen, aber auch turnerischen Elemente, gruppendynamische Prozesse und das Sozialverhalten gehören dazu. Mit diesen Angeboten unterscheiden wir uns von anderen Vereinen. Unsere sehr nachgefragte Schwimmausbildung findet im Stadtbad Wilmersdorf statt, einem Schul- und Vereinsschwimmbad, das wir als Verein immer samstags für drei Stunden nutzen dürfen. Etwa 150 Kinder, die bei uns Mitglied sind, lernen hier mit einem fachlich versierten Ausbildungskonzept alles von der Wassergewöhnung bis zum Freischwimmer. Das Schwimmen für Kids bei uns kommt so gut an, dass es zeitweise Wartelisten mit bis zu 400 Interessenten gab. Wir haben die Wartelisten abgeschafft, gebucht werden die Kurse über ein Buchungssystem auf unserer Website.

Freizeitsport nimmt in unserem Verein 70 Prozent ein, zwei Drittel der Kinder- und Jugendsport. Unser Ziel ist, dass sich unsere Mitglieder in unserem Gesundheits- und Familiensportverein wohlfühlen und uns als sportliche Heimat über mehrere Jahre sehen und das auch generationsübergreifend. Wir haben zum Beispiel jetzt Kinder, die die Schwimmausbildung machen, deren Eltern vor 20 Jahren hier auch schwimmen gelernt haben. Also die Eltern kommen jetzt mit ihren eigenen Kindern wieder in unseren Verein. Das ist total schön.

Wonach Mitglieder fragen, wenn sie „nur“ Freizeitsport betreiben wollen? Vorrangig kommen die Anfragen zur Schwimmausbildung und zum Kinder- und Jugendsport. Der Gesundheitssport ist bei uns eher zurückgegangen. Ganz in unserer Nähe gibt es den Sport-Gesundheitspark mit so vielen Angeboten, da können wir kaum mit eigenen Angeboten mithalten.

Kaum einer fragt nach sportlichen Trends, Eltern fragen eher nach klassischen Sportarten wie Fußball oder Basketball. Aber das bieten wir bewusst nicht an. Wir würden gern noch mehr Schwimmkurse anbieten, wenn wir in der Schwimmhalle zum Beispiel noch mehr Bahnen zur Verfügung gestellt bekommen. Aber mehr Wasserzeiten würde auch heißen, mehr Trainer zu brauchen. So wie es jetzt in unserem Verein mit den Sportangeboten läuft, ist alles gut. Wir haben Hallenkapazitäten mit einem prima Trainerstab, mit unseren Angeboten werden alle Altersgruppen abgedeckt. Das reicht vollkommen aus. Dennoch sind wir natürlich offen, wenn ein Übungsleiter eine starke Idee hat. Das prüfen wir und starten abhängig von verfügbaren Hallenzeiten einen Test.

Unseren Nachwuchs, unsere Übungsleiter schicken wir zu den Fortbildungsveranstaltungen vom BTFB. Die Angebote vor allem im Kinderturnen sind interessant und kompakt, das passt für uns sehr gut. Zwei unserer Trainer sind regelmäßig beim Gymwelt-Kongress in Kienbaum. Der LSB bildet dagegen Module an, die schwer nach Beruf und Vereinsarbeit zeitlich im Alltag unterzubringen sind.

Aus unserer Sicht macht der BTFB schon sehr viel für seine Vereine, er entwickelt sich weiter, das läuft sehr gut. Der Verband ist auch offen für neue Freizeitsportideen. Für unseren Verein sehe ich keinen Anlass, den Verband zu verlassen und zu einem anderen zu wechseln. Der BTFB ist sehr breit aufgestellt.

Ob ich aus unserer Arbeit im Verein einen Tipp für andere habe? Da ich selber seit über 40 Jahren im Verein tätig bin, ist mir etwas Wichtiges aufgefallen: Das ehrenamtliche Engagement heute ist anders als vor 20 Jahren. Es ist notwendig, rechtzeitig jüngere Menschen zu aktivieren, im Verein mitzumachen. Bei sogenannten „Einsparten-Vereinen“, wie wir einer sind, muss rechtzeitig der Nachwuchs ins Team geholt werden, um vielleicht auch mal die Leitung des Vereins zu übernehmen. Ich bin stolz, dass wir aktiv unseren Nachwuchs fördern, uns im Verein Kinder und Jugendliche als Übungsleiter „herangezogen“ haben und wir junge Mitglieder früh an Trainertätigkeiten heranführen. Wir freuen uns über jeden jungen Menschen, dessen Berufswunsch sich in Richtung Sport orientiert und versuchen das zu unterstützen.

Mit den Vereinsmitgliedern muss offen kommuniziert werden, es sollte immer das Gespräch gesucht werden. Vor allem unter den Eltern der Kinder, die bei uns Sport machen, ist ein hoher Dienstleistungsgedanke entstanden. Es wird gefordert, statt zu nehmen. Erfolge sollen sich sofort einstellen. Miteinander zu reden, hilft, Probleme und Wünsche zu klären.