Kommunikation ist alles – und alles ist Kommunikation
Interview vom 22. Oktober 2024 mit Sonja Schmeißer für die Ausgabe BewegtBerlin, 4-2024, zum Thema „Kommunikation“.
Zur Person
Sonja Schmeißer, BTFB-Vizepräsidentin Medien, verantwortliche Redakteurin des Magazins „BewegtBerlin“; Journalistin; langjähriges Mitglied im BTB/BTFB-Präsidium; 1990 bis 2019 Redakteurin des „TurnMagazins“; Pressechefin mehrerer Sport-Großveranstaltungen, z.B. Welt-Gymnaestrada 1995, RSG-WM 1997, Internationales Deutsches Turnfest 2005, 17 Berlin Masters Turniere RSG etc.; über zehn Jahre Mitglied im TK RSG im DTB; beruflich: Inhaberin von consoco (PR-Dienstleistungen); Mitbegründerin der Agentur GYMmedia; 15 Jahre Presseverantwortliche von Special Olympics Deutschland.
Seit vielen Jahren sind Sie nicht nur für den BTFB für die Presse- und Öffentlichkeit zuständig. Aus all Ihren Erfahrungen – was bedeutet für Sie Kommunikation?
Kommunikation ist ein weites Feld … Es stimmt: Man kann nicht nicht kommunizieren. Was immer wir tun und wie wir uns äußern, und sei es nur mit Mimik oder der Körpersprache, wir kommunizieren. Im engeren Sinne und auf unser Berufs- oder Aufgabenfeld bezogen, geht es darum, wem will ich was, warum, wann, wie, womit und unter welchen Umständen vermitteln bzw. mich austauschen. Das kann durch einen Beitrag hier im Magazin oder auf der Website, eine Pressemitteilung, einen Post auf Instagram ebenso erfolgen wie bei einem Teams-Meeting oder im persönlichen Gespräch mit einer Kollegin.
Aber auch unsere Wettkämpfe und Veranstaltungen, die hunderte Menschen aktiv gestalten und nochmal so viele begeistern, sind nicht nur für die Teilnehmenden Kommunikations-Hotspots. Die Zuschauer, ob in der Halle, per Livestream, TV oder über Social Media, empfangen durch die Akteure und das Event „Botschaften“; sie sind begeistert, interessiert oder auch verärgert und machen sich im übertragenen Sinne ein Bild von den Aktiven, dem Verein oder dem Verband, der dahintersteht.
Kommunikation lebt, ist komplex und stetigen Veränderungen des Umfelds ausgesetzt: Ich kann dieselbe Botschaft nicht zweimal 1:1 übermitteln, etwas hat sich inzwischen geändert, die Zeit, der Grund, meine Stimmung, das Medium, manchmal sogar die politische Lage … Insofern fasse ich Kommunikation in meiner Arbeit auf als einen komplexen offenen Vorgang in einem sich permanent verändernden Umfeld.
Wie wichtig ist gute Kommunikation?
Sehr wichtig, denn es geht immer um Menschen. In diesem Sinne gratuliere ich jetzt zuerst dem Team, das die neue BTFB-Website auf den Weg gebracht hat – eine ganz wichtige Komponente unserer Verbandskommunikation!
Für gute Kommunikation sind zunächst das Ziel, die die geeigneten Kanäle und die Inhalte entscheidend. Ich bin eine Verfechterin von durchdachten, gründlich recherchierten und gut formulierten Inhalten. Ich kann mich aller trendigen Kanäle und Kommunikationsmittel bedienen – wenn ich nichts zu sagen habe oder meine Botschaft nicht formulieren kann, bringt mir das letztlich alles nichts. Dabei ist Klarheit gefragt: Nicht was gemeint ist, erreicht die Rezipienten, sondern nur das, was wirklich im Text steht.
Und: Gute Kommunikation lebt von der Tonalität. Ich halte viel von dem alten Spruch „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“. Es ist erstaunlich, was man mit Freundlichkeit und Zugewandtheit selbst bei schlecht gelaunten Personen erreichen kann…
Zuzuhören und zumindest zu versuchen, sich in den anderen hineinzuversetzen, sich für den Gesprächspartner wirklich zu interessieren, sind Voraussetzungen für gute Kommunikation. Man lernt als Journalistin, wie man fragt und nachfragt, welche Formulierungen man wählt, man stellt sich auf Stimmungen ein – aber Menschen merken, ob das Interesse echt oder Freundlichkeit gespielt ist.
Ich war 15 Jahre lang für Special Olympics Deutschland tätig und habe erlebt, was Anerkennung, Respekt und Aufmerksamkeit bei Menschen bewirken kann. Und was man als „Absender“ dieser Werte zurückbekommt… Es lohnt sich, auf Menschen zuzugehen. Respekt, Toleranz und auch eine gewisse Gelassenheit sind hohe Güter des menschlichen Miteinanders und ich bin sehr froh, dass ich in einem Verband und Umfeld arbeite, in dem all das gelebt wird.
Was ist das Wichtigste, wo setzen Sie Prioritäten?
Kurz gesagt, die Kommunikatoren, also die Menschen, sind das Wichtigste, ob sie nun im persönlichen Gespräch, per Telefon, schriftlich oder über welchen digitalen Kanal auch immer kommunizieren. Daran versuche ich immer zu denken, wenn es stressig oder schwierig wird oder wenn es gilt, Prioritäten zu setzen. Das hat sicher auch mit einem guten Stück Lebenserfahrung zu tun: Wenn ich entscheiden muss, einen Text zu schreiben oder Mails von mir noch unbekannten Personen zu beantworten, die mir zugearbeitet haben – und ich habe nur noch eine halbe Stunde Zeit bis zum nächsten Termin –, dann entscheide ich mich für die Mails. Einen Text kann man ggf. auch abends noch schreiben …
Ich bin eine Verfechterin von durchdachten, gründlich recherchierten und gut formulierten Inhalten. Ich kann mich aller trendigen Kanäle und Kommunikationsmittel bedienen – wenn ich nichts zu sagen habe oder meine Botschaft nicht formulieren kann, bringt mir das letztlich alles nichts. Dabei ist Klarheit gefragt: Nicht was gemeint ist, erreicht die Rezipienten, sondern nur das, was wirklich im Text steht.
Wie sieht Kommunikation im BTFB aus? Was sind Ihre Aufgaben und wer sind Ihre Mitstreiter?
Im BTFB-Präsidium bin ich für den Bereich Medien zuständig. Dieser umfasst die externe und interne Kommunikation des Verbandes, strategische Entwicklungen, Konzepte für größere Projekte wie z.B. das Jubiläum „75 Jahre BTFB“ im kommenden Jahr – das alles in ganz enger Zusammenarbeit mit Geschäftsführer Claudio Preil und den Mitarbeitern der Geschäftsstelle, allen voran Katja Reichel, die für die operative Umsetzung verantwortlich sind. Durch die unmittelbare Arbeit am Magazin bin ich in der glücklichen Lage, selbst auch ganz direkt die Medienarbeit des Verbands mit zu steuern.
Dass wir in den letzten fünf Jahren in unserem Bereich entscheidend vorangekommen sind und jetzt mit der neuen Website einen weiteren Meilenstein setzen können, hat viele gute Gründe. Prioritäten wurden zugunsten der Öffentlichkeitsarbeit gesetzt, Präsidium und Geschäftsführung, auch der BTJ-Vorstand, unterstützen die Entwicklung und ziehen an einem Strang.
Das Beste an der Kommunikation und dem Job in diesem Umfeld ist, dass man so viele tolle Menschen kennenlernt. Dafür bin ich sehr dankbar. Wenn ich mir überlege, wie viele und welche kompetenten, inhaltsreichen und wertvollen Zuarbeiten /Meinungen wir in den vier Jahren von BewegtBerlin bekommen haben, kann ich nur sagen: Was für ein Verband, der auf solche großartigen Menschen und deren Engagement zählen kann!
Wie haben die letzten Jahre mit Corona-Pandemie, zunehmender Digitalisierung und stärkerer Social Media-Nutzung die Kommunikation verändert?
Die fortschreitende Digitalisierung – die durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie noch einmal einen großen Schub bekommen hat – wirkt sich nicht nur auf die Art der Kommunikation, sondern auch explizit auf die Inhalte und deren Rezeption aus. Es gibt zwei große Trends: Der eine, vor allem durch Social Media bedingte, geht zur Schnelllebigkeit mit ganz kurzen Texten, Clips, Posts, einfachen Botschaften. Der andere, der durch den ersten zumindest befördert wird, äußert sich in umfassend und tiefgründig behandelten Themen, ausführlicheren Erörterungen, Expertisen und Diskursen. Beispiele sind die wachsende Zahl von Zeitschriften für spezielle Themen und Interessen und vor allem der Boom der Podcasts.
Wie hat der BTFB konkret darauf reagiert?
Diesen Trends folgend, haben wir im Jahr 2020, mitten in der Corona-Pandemie, unser Magazin grundlegend erneuert. Eingebettet in die Strategie, langfristig eine gute Mischung unserer Kommunikationsmittel zu erreichen und dabei die Digitalisierung auch in der internen Kommunikation so voranzubringen, dass sie Erleichterungen, Synergien und eine effektivere Arbeitsweise für Haupt- und Ehrenamtliche ermöglicht.
Was hat sich mit dem Erscheinen des BTFB-Magazins „BewegtBerlin“ verändert?
Vor allem der Kontakt zu Basis, zu den Vereinen und die gemeinsame Sicht und das Ausloten von gesellschaftlich relevanten Themen. Wir sind intern gut vernetzt und arbeiten auch eng mit DTB und LSB zusammen. Durch unseren großen und vielfältigen Verband, seinen Vereinen und dem hohen Stellenwert, den er in der Sportmetropole Berlin einnimmt, haben wir natürlich großartige Inhalte und Themen, die wir vermitteln können. Dabei sind uns die Werte des Verbandes wichtig, die wir u.a. durch die Schwerpunktthemen im Magazin aufgreifen und dann mit Persönlichkeiten aus dem Verband und dem bundesweiten Netzwerk näher beleuchten. Beispiele wie Kinderschutz, Respekt, Nachwuchs- und Gesundheitssport, Zukunft der Vereine, Nachhaltigkeit oder olympische Werte spiegeln das wider.
Im Magazin kommen Sportler, Trainer, Eltern, Ehrenamtliche, auch Personen aus der Verwaltung und dem Organisationsbereich zu Wort. Warum ist das so wichtig?
Weil es um Wertschätzung und Authentizität geht. Die Resonanz auf das Magazin ist sehr positiv, sowohl aus den Vereinen als auch von den Partnern, anderen LTV oder von Journalistenkollegen. Es kommt gut an, dass wir Themen ausführlich behandeln und dabei so viele Menschen aus dem Verband beteiligen. Das Magazin hat Service-Charakter, man kann auch später nochmal zum Heft greifen, wenn es um ein spezielles Thema geht. Anerkannt wird auch die Wertschätzung des ehrenamtlichen Engagements, die sich durch alle Ausgaben zieht.
Wir haben seit dem Start 2020 jetzt mit diesem Heft 22 Ausgaben von BewegtBerlin herausgebracht. Darin sind 173 Persönlichkeiten mit ihren Meinungen, Erfahrungen und Statements zu Wort gekommen, dazu 20 hochrangige Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Sport und Gesellschaft. 22 Mitgliedsvereine haben sich vorgestellt.
Unsere Kolumnen, die Gedanken von Präsidentin Sophie Lehsnau und die launigen Erörterungen in „Damals“ von Claudio Preil gehören ebenso zu den Säulen des Magazins wie die Kinderseite mit „Keiki“ für die Jüngsten.
„BewegtBerlin“ wird mit einem guten Team eine runde Sache …
Die Arbeit am Magazin mit einem großartigen Team ist sehr bereichernd und interessant. Sich mit Themen tiefgründig zu befassen zu können, immer wieder neues zu erfahren, neue Menschen kennenzulernen und immer noch zu lernen, empfinde ich fast als Privileg. Und ich kann „meinem“ Team, deren Hauptjob das Magazin ja nicht ist, nur danken für die wundervolle Zusammenarbeit, die sich auch in krankheitsbedingten Krisensituationen bewährt hat. Kompetenz, Fachwissen und Professionalität und das menschliche Miteinander machen das BB-Team so stark. Ein großes Dankeschön also an Claudio Preil, die unermüdliche Katja Reichel, die Journalistin Gritt Ockert, den Grafiker Norbert Haftka, an Jurij Robel und Xenia Hoffmann sowie posthum an unseren Fotografen Juri Reetz.
Dieses Jahr starteten Sie mit Claudio Preil den Podcast „Der Sinn der Übung“. Wie wird er angenommen, was ist hier noch geplant?
Der Podcast gehört zu unseren neueren Kommunikationsmitteln, wir haben erst drei Folgen produziert, mit interessanten Gästen, sind aber fast noch in der Testphase. Es ist ein spannendes und ja auch sehr angesagtes Medium, das wir unbedingt weiter entwickeln wollen. Die Resonanz ist noch nicht sehr groß, weil wir auch in der Eigenvermarktung noch einige Reserven haben. Zudem müssen wir kontinuierlicher neue Folgen produzieren, was bisher schlicht an unseren eigenen Ressourcen gescheitert ist. Zudem wollen wir in Zusammenarbeit mit dem Vorstand der BTJ, der sich intensiv mit dem Thema beschäftigt und sogar eine AG Podcast gegründet hat, weiter vorankommen. Bei der riesigen Auswahl kompetenter Gesprächspartnerinnen und -partner in unserem Verband können wir uns jedenfalls gemeinsam auf viele spannende Gespräche freuen.
Welche Schwierigkeiten gibt es hier und auch sonst mit der Kommunikation?
In der internen Kommunikation mit den engsten Mitarbeitern gelingt sofortiges Antworten nicht immer. Da setzt man schon darauf, sich gut genug zu kennen … In der Kommunikation der Verbands-Gremien untereinander und im Informationsfluss haben wir durchaus noch Luft nach oben. Andererseits wissen wir aus eigener Erfahrung, wie schwierig es für Ehrenamtliche ist, alles unter einen Hut zu bringen und alle Kommunikationswege permanent auf dem Laufenden zu halten. Da bin ich eher für Gelassenheit und ab und zu für sanften Druck …
Ansonsten bin ich eher für klare Ansagen: Es ist uns viel lieber, wenn jemand auf eine Anfrage hin absagt, weil keine Zeit dafür oder kein Interesse am Thema vorhanden ist, als gar nicht zu reagieren. Beispiel neue Website: Wir können nur Inhalte aus den Fachbereichen verarbeiten und nach außen kommunizieren, die wir auch haben …
Wir sind als Landesturnverband bekannt für unsere vielen Veranstaltungen, Events und Großsportveranstaltungen, gelten als gute Organisatoren und haben im PR-Bereich jeweils viel Arbeit und Engagement investiert, um alle beteiligten Seiten so gut wie möglich zu informieren. Das gilt auch und vor allem für die Turnfeste, die in ihrer Vielfalt und Dimension mit nichts zu vergleichen sind. Umso bedauerlicher finde ich es, dass wir als LTV jetzt im Vorfeld des Turnfests in Leipzig kaum Informationen erhalten, die wir an unsere Mitglieder weiterreichen können. Da wird aus meiner Sicht viel Potenzial verschenkt, was gerade in Vorbereitung auf so ein großes Fest sehr schade ist – das zudem zum ersten Mal seit sieben Jahren und in verändertem Modus stattfindet.
Was plant der BTFB künftig noch in Sachen Kommunikation?
Wir wollen den Weg der vernetzten Kommunikation weiter gehen, werden mit der neuen Website den Content unserer Medien besser aufbereiten können und damit auch noch mehr Außenwirkung erreichen. Wir werden uns weiterhin aktuellen verbandlichen und gesellschaftlichen Themen widmen und dabei so viele Persönlichkeiten aus den Vereinen wie möglich einbeziehen. Im kommenden Jahr stehen unser Jubiläum „75 Jahre BTFB“ und das Turnfest in Leipzig an, beides wollen wir ausführlich begleiten und würdigen.
Persönlich wünsche ich mir, in den kommenden Jahren eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für das Ehrenamt im Präsidium zu finden, die oder den ich gern einarbeiten würde, um die Kontinuität in diesem Bereich zu wahren.
Weitere Quellenangaben / Informationen zum Artikel:
Foto: Juri Reetz | Das Interview führte Gritt Ockert.