Tue Gutes und rede darüber – Interview mit Peter Hanisch
BTFB-Ehrenpräsident Peter Hanisch erinnert sich im BewegtBerlin-Interview für die Sonderausgabe „75 Jahre BTFB“ an seine Amtszeit als Präsident des Verbandes und spricht über aktuelle Herausforderungen.
Tue Gutes und rede darüber …
Peter Hanisch ist Ehrenpräsident des BTFB und des LSB; seine Vita im Sport zu beschreiben, würde schon allein eine Doppelseite füllen. Er ist eine wahre Legende unseres Verbandes, mit großen Verdiensten. In seiner Amtszeit als BTFB-Präsident (1991-2005) ging er, wann immer es möglich war, in die Vereine, zu den Menschen. Nach großen Veranstaltungen war er der erste, der sich bedankte – und zwar bei den Helferteams und den Leuten im Backstage-Bereich. Peter wird hochgeachtet und engagiert sich auch in seinem 90. Lebensjahr mit seiner reichen Erfahrung für den Verband.
Zur Person

Peter Hanisch ist BTFB-Ehrenpräsident.
Sonja Schmeißer hat Renate und Peter Hanisch zuhause besucht und sich mit den beiden beim Gespräch mit Peter Hanisch an so manche Veranstaltung der letzten 30 Jahre erinnert.
Peter, wir haben schon vor 25 Jahren, aus Anlass des 50. BTB-Geburtstages, ein Interview geführt, das man hier nachlesen kann. Einige Formulieren von damals kommen uns heute durchaus bekannt vor – Sparmaßnahmen des Berliner Senats, Bewegungsmangel bei Kindern … Fakt ist, dass die BTFB-Mitgliederzahl von 55.000 im Jahr 2000 auf 103.000 in diesem Jahr gestiegen ist. Was sind aus deiner Sicht wesentliche Faktoren für diese Fast-Verdopplung?
Zuerst, dass unsere Ziele durch uns und die Nachfolgenden im Verband beharrlich und kontinuierlich umgesetzt wurden.
Anfang der 2000er Jahre ging es uns darum, die Interessen der Bürger stärker zu berücksichtigen. Denn wir hatten die Sorge, ob es uns hier in Berlin gelingen kann, den allgemeinen Rückgang von sportlicher Bewegung in der Bevölkerung aufzuhalten. Dazu kam: Berlin hatte als Stadt überhaupt noch nicht den Status, um gehört zu werden. Und die Verbände haben sich damals vorwiegend über den Leistungssport realisiert.
Wie seid ihr vorgegangen?
Unser Vorgehen als Verband war, die örtlichen Vereine zu überzeugen: Ihr könnt nur Mitglieder gewinnen, wenn ihr euch öffnet für den Sport für jedermann. Die Förderung von Talenten nicht außer Acht lassen – aber ebenso: hochqualifizierte Übungsleiter einzusetzen für Angebote, die allen Generationen offenstehen.
Es galt also, das Interesse an Sport und Bewegung über die Vereine an die Menschen zu tragen, Vertrauen aufzubauen und für die Aus- und Fortbildung in diesem Bereich zu sorgen.
Hört sich nach einer Mammutaufgabe an…
Es ist ein Prozess. Für Jens-Uwe Kunze als Geschäftsführer und für mich hieß es damals vor allem, mit unseren jeweiligen Gremien und Teams den Verband als Dienstleister für die Vereine auszurichten, sozusagen den Blick auf die „Kunden“ zu richten. Und das wurde dann in den folgenden Jahren bis heute fortgesetzt und weiterentwickelt.
Mit welchen Ergebnissen?
Ich denke, unsere Vereine haben heute die Anerkennung in der Bevölkerung für ihre qualifizierte und bedarfsorientierte Arbeit, das beweisen die Mitgliedszahlen. Die Aus- und Fortbildung im Verband wurde intensiviert und qualifiziert, was dazu beitrug, dass die Vereine zeitgemäße Angebote machen können und auch nach außen in die Kieze gehen. Sie bieten heute etwas für alle, vom Kleinkind bis zu den Hochaltrigen. Viel wurde auf diesem Weg erreicht durch die Berücksichtigung des Gesundheitsaspekts und die Aufnahme des Reha-Sports. Was viele gar nicht mehr wissen: Der Rehasport war das einzige Bewegungsangebot, das in der Coronazeit durchgängig stattfand. Dafür habe ich mich damals auch persönlich eingesetzt bei der Politik.
Um als Verband erfolgreich zu sein, gilt es, gesellschaftlicher Entwicklungen zu berücksichtigen – hast du auch dafür einige Beispiele?
Den Ausbau und Wertschätzung ehrenamtlichen Engagements!! Für einen Sportfachverband eines der wichtigsten Themen überhaupt, für die gesamte Gesellschaft unerlässlich – und nach wie vor leider zu wenig gewürdigt.
Der Staat hat auch die Aufgabe, die Kinder zu beschäftigen – und es ist ein Verdienst der Vereine, dass sie den Interessen der Kinder nachkommen, ihnen Freude und Spaß an Sport und Bewegung vermitteln und sportliche Talente fördern.
Ein weiterer Trend: Die Personalnot, Ältere müssen oder wollen weiterarbeiten. Hier geht es um Prävention und Rehabilitation, die Angebote müssen weiterentwickelt und ausgebaut werden.
Und es gilt, etwas zu tun gegen das zunehmende Problem der Einsamkeit bei Älteren: Die Vereine als Gemeinschaft gegen die Einsamkeit.
Der BTFB gilt als Top-Veranstalter, -ausrichter und Entwickler von innovativen Formaten – warum dieser Schwerpunkt, was hat es für den Verband und die Vereine bewirkt?
Du weißt ja, was ich immer gesagt habe: Tue Gutes und rede darüber! – Veranstaltungen sind ein wichtiges Aushängeschild, sie haben große Ausstrahlung und stärken enorm den Bekanntheitsgrad von Verband und Vereinen – das haben bei uns alle Verantwortlichen erkannt und verinnerlicht. Events schaffen und zeigen die Begeisterung fürs Turnen, für Gemeinschaft und soziales Miteinander.
Wir zeigen in diesem Heft, was alles gestemmt wurde – zwei Turnfeste, die 17-jährige Masters-Serie, 46 Veranstaltungen allein in der Max-Schmeling-Halle …
Und welche Menschen man da kennengelernt und getroffen hat! Durch die Turnfeste wurden neue Mitarbeitende gewonnen. Es machte immer Spaß und wir bekamen die breite Anerkennung.
Das alles war und ist nicht ohne Ehrenamt zu realisieren, wäre nur mit Hauptamtlichen nicht zu machen. Und man bekommt in der Leitung solcher Veranstaltungen Unterricht in Mitarbeiterführung!
Ich erinnere mich an viele unvergessliche Momente am Ende unserer großen Veranstaltungen. Dann kamst du zum Team und hast gesagt: „Und weil ihr die letzten Tage so fleißig gearbeitet habt, könnt ihr morgen 10 Minuten später anfangen.“ Alle haben mit dir gelacht (und oft noch gefeiert), nur die jeweiligen Neulinge im Team guckten ein bisschen irritiert…
Ja, Humor gehört dazu… und Dank und Wertschätzung für das Team. In welcher Zusammensetzung es auch war, es ist immer gut gewesen. Anfang der 90er Jahre kamen etliche Leute aus dem Osten dazu und wir sind von Beginn an ein tolles Team gewesen – ein großer Kreis von Begeisterten, die mit anpacken.
Was bleibt dir über den Sport hinaus in besonderer Erinnerung?
Meine gewonnenen Erfahrungen bei Politik und Bürgerschaft.
Und welche Persönlichkeiten und Wegbegleiter?
Frank Ebel, Sophie Lehsnau, Jens-Uwe Kunze – und stets das Team, in welcher Zusammensetzung auch immer. Die Teamarbeit war und bleibt für mich das Wichtigste!
Wie siehst du jetzt im Jubiläumsjahr die Zukunft des BTFB?
Ich sehe eine gesunde Zukunft mit Vielfalt im Verband und interessanten Angeboten der Vereine, um den Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen. Es gilt, Eltern für den Sport ihrer Kinder von Beginn an zu begeistern, es geht um zeitgemäße, moderne Angebote und um den Verein als Gemeinschaft gegen Einsamkeit! Für unsere erfolgreiche Vereinsarbeit brauchen wir noch mehr tüchtige ehrenamtliche Mitarbeitende und die Unterstützung durch die Landes- und Bundespolitik.
Weitere Quellenangaben / Informationen zum Artikel:
Foto: Juri Reetz